Feste Säulen im Alltag wie zum Beispiel Schlaf, Ernährung, Routinen und Bewegung sind für Kirsten wichtig, um ihren Alltag mit der CED zu erleichtern. Wie sie mit körperlicher und mentaler Belastung umgeht und wie ihr das Zeichnen dabei geholfen hat ihre Erkrankung zu akzeptieren, darüber sprechen Eva und sie in dieser Folge.
(EM-105136)
„Mein Name ist Eva. Als ich die Diagnose Morbus Crohn erhalten habe, war das am Anfang wirklich eine Herausforderung für mich. Vieles in meinem Leben hat sich seitdem verändert. Heute kann ich sagen, dass ich gelernt habe, mit dem Morbus Crohn umzugehen und ein erfülltes Leben zu führen. Das war allerdings nicht immer so. Nach meiner Diagnose wusste ich nicht so recht, wie ich kommunizieren soll, dass ich an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung leide.
Das Schreiben hat mir dabei geholfen, alles zu verarbeiten. Gleichzeitig kann ich anderen dabei helfen, mit der neuen Situation umzugehen, indem ich meine Geschichte öffentlich mache.
Ich möchte über chronisch-entzündliche Darmerkrankungen aufklären und anderen Betroffenen zeigen, dass sie nicht allein sind. Zusammen mit Janssen trete ich für eine offene Kommunikation über CED ein – dafür engagiere ich mich im Rahmen der Aufklärungskampagne ‚Einfach sagen, was dahintersteckt.
"So führen wir beispielsweise regelmäßige Interviews mit Betroffenen, Angehörigen, Ärzt:innen und Psycholog:innen rund um die Colitis ulcerosa und den Morbus Crohn. Wir sprechen aber auch über die Erkrankung selbst und über Ernährung, Sport oder Reisen mit CED – eben alle Themen, die dazugehören. Die Gespräche findest du hier auf der Seite im Podcast- oder Videoformat.
Kirsten ist 30 Jahre alt und wohnt im Ruhrgebiet. Sie hat Grafikdesign studiert, zeichnet sehr viel, schon seit ihrer Kindheit an und ist so nach ihrer Diagnose dazu gekommen, ihre Erkrankung in Bildern zu verarbeiten.
Kristens Erkrankung fing damals nach dem Tod ihres Vaters an.
"Ich befand mich natürlich irgendwie in so einer Trauerphase, habe schlecht gegessen, schlecht geschlafen – der Körper war sowieso so in Alarmbereitschaft, was sich dann eben auch in einer ziemlich rapiden Abnahme bemerkbar gemacht hat. Ich habe ziemlich viel Durchfall gehabt, Bauchschmerzen, all sowas und so ein Jahr später oder so hatte ich eben diese CED-Diagnose. Ich kann jetzt im Nachhinein gar nicht mehr wirklich sagen, was sich da inwieweit bedingt hat, was jetzt Trauer war, was vielleicht schon Morbus Crohn war, aber das gehörte so irgendwie alles ein bisschen zusammen."
Instagram
(00:00:16) Vorstellung von Kirsten und des aktuellen Themas
(00:01:41) Wie hat sich die CED bei Kirsten bemerkbar gemacht?
(00:02:30) Psyche und Darm: Schicksalsschlag als Auslöser der CED
(00:03:36) Kirstens Weg zur Diagnose und die (fehlende) Aufklärung
(00:07:47) Verarbeitung der Diagnose: Das hat Kirsten geholfen
(00:12:00) Zeichnen als Instrument der Krankheitsbewältigung
(00:14:20) Kirsten und Eva: Alltagsratschläge bei CED
(00:20:10) Abschließende Worte
(22:00) Outro
Eva [00:00:00] Willkommen zu „Klartext” – dem Podcast über CED. Mein Name ist Eva und ich habe Morbus Crohn. In dieser Podcast-Reihe möchte ich euch an meiner Geschichte teilhaben lassen und zeigen, wie ich gelernt habe mit der Erkrankung umzugehen.
Hallo und herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von „Klartext”. Ich habe heute die Kirsten zugeschaltet und wir werden über den Umgang mit einer CED-Diagnose und über den Umgang im Alltag mit der Erkrankung sprechen. Hi Kirsten, schön, dass du da bist.
Kirsten [00:00:29] Hi Eva.
Eva [00:00:31] Ich freue mich schon sehr. Ich meine, wir kennen uns ja schon so ein bisschen, weil wir sehr intensiv miteinander arbeiten, uns über die Erkrankung auch kennengelernt haben und auch relativ viel im Verein gemeinsam machen – bei CHRONISCH GLÜCKLICH e.V. Aber vielleicht magst du dich für unsere Zuhörer mal ganz kurz vorstellen.
Kirsten [00:00:48] Ja, gerne. Ist auch ein bisschen komisch jetzt so im professionellen Kontext mit dir zu sprechen. Für die Zuhörer: Mein Name ist Kirsten. Ich bin 30 Jahre alt und wohne hier im schönen Ruhrgebiet. Ich habe Grafikdesign studiert, zeichne sehr viel, schon seit meiner Kindheit an und bin dann eben auch nach meiner Diagnose dazu gekommen, meine Erkrankung in Bildern zu verarbeiten. Das Ganze habe ich dann eben bei Instagram hochgeladen und darüber haben wir uns auch kennengelernt.
Eva [00:01:15] Genau, das war ganz schön, dass man dann da irgendwie direkt jemanden hatte, mit dem man sich auch austauschen konnte. Und daraus ist ja irgendwie echt was Schönes gewachsen. Wir wollen ja jetzt so ein bisschen auch darüber sprechen, generell über den Umgang mit der Erkrankung selbst, was aber auch nicht nur die körperliche Belastung, sondern auch eben diese mentale Belastung angeht. Ich würde das ganz gerne so ein bisschen, ja, vielleicht auch chronologisch aufbauen, und zwar ganz gerne da anfangen, dass wir schauen: Wie hat sich denn damals bei dir die CED bemerkbar gemacht? Bzw. welche Symptome hattest du damals?
Kirsten [00:01:49] Das fing damals tatsächlich nach dem Tod von meinem Vater an. Ich befand mich natürlich irgendwie in so einer Trauerphase, habe schlecht gegessen, schlecht geschlafen – der Körper war sowieso so in Alarmbereitschaft, was sich dann eben auch in einer ziemlich rapiden Abnahme bemerkbar gemacht hat. Ich habe ziemlich viel Durchfall gehabt, Bauchschmerzen, all sowas und so ein Jahr später oder so hatte ich eben diese CED-Diagnose. Ich kann jetzt im Nachhinein gar nicht mehr wirklich sagen, was sich da inwieweit bedingt hat, was jetzt Trauer war, was vielleicht schon Morbus Crohn war, aber das gehörte so irgendwie alles ein bisschen zusammen.
Eva [00:02:28] Mega spannend zu hören. Ich höre das gar nicht so selten, dass häufig so ein Auslöser, also ein Schicksalsschlag oder wirklich der Verlust einer geliebten Person, dann dazu führt, dass irgendwann diese Erkrankung ausbricht. Also das muss jetzt gar nicht zwingend so sein: Das ist jetzt der Grund, dass ich das bekomme. Aber dass dann wahrscheinlich vielleicht der emotionale Stress in so einer Situation so groß ist, dass es in dem Moment dann einfach so deutlich auch hervorkommt und vielleicht schon irgendwie in einem geschlummert hat. Aber dass dann irgendwie diese Trauer und die Verarbeitung oder die Extremsituation dazu führen, dass die Symptome so stark werden, dass es einem auffällt und das irgendwie gerade nicht so normal ist.
Kirsten [00:03:10] Absolut. Also man geht ja heute auch nicht mehr hin und betrachtet den Darm oder generell Organe komplett allein, entkoppelt von allem anderen, sondern die haben dann natürlich eben auch zur Psyche und zum Nervensystem eine ganz starke Verbindung. Und dann ist da auch irgendwie oft nicht ganz klar, was ist jetzt Stress oder was ist da eben die CED an sich? Das ist einfach ein Zusammenspiel und das funktioniert auch einfach nur gekoppelt.
Eva [00:03:35] Wie war das bei dir damals, du sagtest ja… Das ist ja sowieso klar, dass es eine sehr belastende Phase für dich war. Wann war denn so der Punkt, dass du gesagt hast: „Okay, ich muss jetzt mal zum Arzt, es geht über normale in Anführungsstrichen Trauer oder Probleme, die ich habe, hinaus.” Wie wurde damals bei dir die Diagnose gestellt bzw. wie hast du erfahren, dass du eine CED hast?
Kirsten [00:03:55] Also ich habe sehr lange gebraucht, bis ich mich getraut habe zum Arzt zu gehen, weil als junges Mädchen mit Stuhlproblemen zu kämpfen zu haben – da ist ganz viel Scham mit im Spiel. Und mich dann eben an einen Arzt zu wenden und da Dinge aussprechen zu müssen, über die man sonst eigentlich eher nicht spricht. Das hat mich ganz viel Überwindung gekostet. Das heißt, das hat sowieso bestimmt ein Jahr oder länger gedauert, bis ich mich dann mal an einen Arzt gewendet habe. Aber ab da ging es eigentlich relativ schnell. Der Schub, den ich da wahrscheinlich schon lange mit mir rumgetragen habe, der war ziemlich eindeutig, weil ich da natürlich auch noch keine Behandlung hatte. Das heißt, man konnte relativ schnell eine Diagnose stellen, mit der ich aber komplett alleingelassen worden bin. Also ich habe so eine Broschüre in die Hand gedrückt bekommen, wurde dann entlassen aus diesem Diagnose-Termin und stand vor einem Berg an Fragen und wusste überhaupt nicht, was das jetzt bedeutet, welchen Einfluss das auf mein Leben haben wird und wie ich damit umzugehen habe. Vor allen Dingen, war es ja auch so, dass wie gesagt vor wenigen Jahren mein Vater gestorben an Darmkrebs ist. Und dann stand ich da auf einmal mit dieser Diagnose chronisch-entzündliche Darmerkrankung. Hilfe!
Eva [00:05:03] Okay, das macht natürlich auch was mit einem. Ich habe gerade so geschmunzelt, weil eigentlich müsste man heulen, aber ich habe geschmunzelt, weil wir beide das ja leider auch schon recht häufig auch von anderen CEDlern gehört haben. Dieses: „Ich habe eine Broschüre in die Hand gedrückt gekriegt.” Das heißt, meine Frage, ob du dich damals gut aufgeklärt gefühlt hast, erübrigt sich fast.
Kirsten [00:05:31] Ja, ja, genau.
Eva [00:05:31] Also ich würde fast sogar sagen, was wäre denn deiner Meinung nach da besser gewesen? Oder wie sollte es eigentlich im Idealfall ablaufen, wenn jemand so eine Diagnose bekommt?
Kirsten [00:05:40] Im Idealfall sollte sich natürlich erst mal so ein Arzt oder eine Ärztin die Zeit nehmen und auch die nötige Empathie mitbringen, einen jungen Menschen da auch abholen zu können, Fragen zu beantworten. Da eben mit Gefühl rangehen. Und was eben ganz oft unterschätzt wird, ist diese Komponente Psyche. Also eben Gefühl mitbringen und sagen: „Wie wäre es denn mal mit einer professionellen Gesprächstherapie?“ Einfach sich Unterstützung suchen, auch von Arztseite aus Unterstützung anbieten, die einfach ganz wichtig ist und mir damals auf jeden Fall gefehlt hat.
Eva [00:06:18] Um da halt auch von Anfang an zu unterstützen und nicht nur dann wie die Feuerwehr zu kommen, wenn gefühlt das Thema schon so groß ist oder sich schon so stark, ja vielleicht, festgefahren hat in gewissen Ängsten und Mustern, weil ich glaube, dass es gerade bei so einer CED auch echt nicht zu unterschätzen ist. Du erwähntest das Thema auch mit dem Schamgefühl, das leider ja auch immer noch sehr Tabu behaftet ist. Und dann natürlich, wenn du gerade, wie bei deinem Vater, noch so etwas erlebt hast, was bei einem ja sicherlich auch Angst verursacht, weil man vielleicht die Sorge hat: „Naja, wenn das bei ihm so geendet ist, kriege ich das dann auch?” Das ist ja alles nicht ohne und noch vor allen Dingen entsprechend die Menschen und Themen mit Fingerspitzengefühl zu behandeln, damit man an der Stelle nicht schon sich falsche Muster aneignet oder so eine Hilflosigkeit sich irgendwie angewöhnt und erlernt.
Kirsten [00:07:11] Ja, was ich bei mir dann erlebt habe und was wir dann auch von den anderen Patienten immer gespiegelt bekommen, ist, dass man da einfach in so ein Wasser geschubst und sich selbst überlassen wird. Und das sollte halt nicht sein.
Eva [00:07:24] Ja, vor allen Dingen auch mit der Diagnose, selbst das so aufzunehmen, das zu verstehen, da irgendwie... Ja, auch mitzuarbeiten und das sind alles schon super komplexe Prozesse an sich. Und wie du auch sagst, du kannst ja nicht deinen Kopf von deinem Herzen trennen. Das muss ja irgendwie als Einheit funktionieren.
Kirsten [00:07:43] Genau, genau.
Eva [00:07:44] Der ganze Körper arbeitet ja mit dieser Information. Wie bist du damals mit der Diagnose umgegangen oder wie hast du das aufgenommen? Bzw. wie war da so dein Verarbeitungsprozess?
Kirsten [00:07:54] Nachdem ich in dieses kalte Wasser geschubst worden bin, habe ich mich natürlich ziemlich allein gelassen gefühlt, weil ich niemanden kannte, der die Diagnose hat. Ich hatte das Gefühl, dass ich mit meinen Ärzten auch nicht wirklich darüber reden kann. Ich habe mich geschämt für meine Symptome. Ich habe mich einfach wahnsinnig allein gefühlt und habe dann eben deshalb auch versucht, es irgendwie zu verdrängen. Ich habe glaube ich am Anfang dann so eine Kortisontherapie bekommen und dachte: „Okay, danach ist alles gut. Jetzt bin ich erst mal aus dem Schub raus und jetzt gucke ich mal, was passiert. Jetzt bin ich mehr oder weniger in Anführungszeichen ‘geheilt‘.” Das ist natürlich nicht so. Na ja, aber ich habe es irgendwie verdrängt. Ich wollte das nicht wahrhaben. Ich wollte nichts damit zu tun haben.
Eva [00:08:36] Und was hatte das für dich für Folgen? Dieses Ignorieren, sich nicht damit beschäftigen zu wollen? Wie hast du das erlebt?
Kirsten [00:08:45] Ich sage mal so, Ignorieren und Verdrängen ist nie eine gute Strategie. Man begibt sich damit einfach kopfüber in eine Abwärtsspirale. Man schiebt das Problem ja nur auf und dadurch wird es größer. Anstatt sich dem irgendwie zu stellen, sich damit zu befassen und auch auseinanderzusetzen, schiebt man es nur vor sich weg. Es wird größer und irgendwann kommt man dann an so einen Punkt, da muss man sich zwangsläufig damit auseinandersetzen, weil ich ja doch nicht geheilt wurde durch die Kortisontherapie. Da kam der nächste Schub um die Ecke, der dann auch ein bisschen heftiger ausgefallen ist. Und wenn der Körper einem dann die Grenzen aufzeigt, merkt man doch schnell: „Okay, ich sollte mich jetzt doch langsam mal damit beschäftigen.”
Eva [00:09:26] Okay, also wirklich so dieses Lernen durch Schmerz:
Kirsten [00:09:30] Ja, das klingt schön.
Eva [00:09:34] Dieses: Ich muss mich jetzt einfach damit auseinandersetzen, weil so wie es jetzt ist, geht es eben nicht weiter. Und wie wir beide wissen, hast du mittlerweile ja auch irgendwie einen Weg gefunden. Was ist für dich so der Weg der Verarbeitung geworden bzw. was sind so Themen bezüglich der Krankheitsbewältigung, die für dich relevant sind und auch deiner Meinung nach für dich gut funktionieren?
Kirsten [00:09:59] Also als erstes bin ich so in die Eigeninitiative gegangen. Das war ganz wichtig, dass ich verstehe, was da los ist, die Krankheit verstehe. Ich habe mir Informationen gesucht, habe Ärzten auch konkrete Fragen gestellt, was ganz wichtig ist. Ich habe mir dann sowieso auch Partner an meine Seite geholt. Ich hatte damals keinen behandelnden Gastroenterologen, den habe ich mir damals dann erst gesucht. Ich bin jetzt auch seit ein paar Jahren bei ihm in Behandlung und der unterstützt mich bei allen Fragen. Der nimmt mich ernst. Das war mir sehr wichtig, dass ich da jemanden habe, der zuhört und auch Empathie mitbringen kann. Aber dann noch zusätzlich auch die psychische Komponente mit beachtet, so dass ich mir dann auch noch eine Therapie gesucht habe – damals zumindest, um das Ganze so ein bisschen besser verarbeiten zu können.
Eva [00:10:51] Da waren jetzt ganz viele wichtige Aspekte, wie ich finde, dabei. Also einmal, dass du sagst: Man sucht einfach jetzt ganz anders nach einem Behandler, als man das vielleicht vorher getan hat, weil man ja ein viel engeres Verhältnis auch anstrebt und es damit ja auch umso wichtiger ist, dass man sich ernst genommen fühlt. Dass man das Gefühl hat, einem wird zugehört und dass man einfach sagt: „Okay, ich fühle mich hier aufgehoben und ich vertraue meinem Gegenüber da, dass wir gemeinsam irgendwie die richtige Therapie für mich finden und ich da auch aufgefangen werde.” Das finde ich ganz wichtig, was du da gerade gesagt hast, was so die Partnerschaftlichkeit angeht. Dass es da vorher nicht so gut gelaufen ist, ist natürlich super schade. Aber dass du jetzt halt aus eigener Kraft gesagt hast: „Nee, dann suche ich mir aber jetzt jemanden, wo ich mich wohlfühle und der mir weiterhilft”, ist natürlich toll. Ich finde auch diesen Aspekt Psychotherapie enorm wichtig. Eigentlich müsste man ab dem Zeitpunkt der Diagnose nicht eine Broschüre an die Hand gegeben kriegen, sondern eher einen Kontakt für eine Physiotherapie oder für eine Stelle, wo man auch mental und vom Herz her abgeholt wird, um mit dieser Erkrankung einen guten Umgang zu finden. Ich würde ganz gerne noch mal auf deine Eigeninitiative zurückkommen, weil ich fand diese Art und Weise, dass du deine Emotionen und die Erlebnisse in Zeichnungen verarbeitet hast, einfach mega cool und du merkst ja auch das ist echt sowas – das trifft uns ja alle irgendwie.
Kirsten [00:12:18] Das kommt gut an, ja.
Eva [00:12:18] Ich merk’s ja auch am Feedback der Community, dass du da häufig einfach diesen Kern triffst. Das ist ja sicherlich auch eine Form von Selbsthilfe in dem Moment. Sind das so Situationen, wo du sagst: „Boah, ich habe das gerade erlebt und es beschäftigt mich, da möchte ich jetzt was zu zeichnen”?
Kirsten [00:12:34] Ja, das kommt oft so aus meinem Alltag heraus, eben diese Dinge, die mich beschäftigen. Ich habe auch gemerkt, nachdem ich lange Zeit in Remission war, über so drei, vier Jahre, wo ich dann wirklich keine oder wenig Beschwerden hatte, dass mir da fast schon so der kreative Input gefehlt hat. Sodass ich mich gar nicht mehr so wirklich als CEDler gefühlt habe, um da jetzt wie vorher meine Bilder zu malen. Das kommt jetzt gerade erst, wo die Beschwerden wieder ein bisschen losgehen. Aber ja, das sind so Dinge aus meinem Alltag, die ich dann versuche, irgendwie auch mit Humor zu verpacken, um ebenso eine andere Sichtweise zu bekommen und dem Ganzen so ein bisschen die Schwere zu nehmen und Leichtigkeit reinzubringen. Und was natürlich ganz wichtig ist, eben auch andere zu erreichen, zu sagen: „Hier, guckt mal, so geht es mir.” Und in der Regel melden sich mindestens drei Leute zurück, die dann auch sagen: „Ja, so geht es mir auch. Danke, dass du das ansprichst.”
Eva [00:13:25] Du tust ja vielen damit sehr viel Gutes. Die fühlen sich wiedererkannt in den Zeichnungen, aber du lieferst ihnen auch somit etwas, was sie mit in die Kommunikation in ihr Umfeld nehmen können. Ohne dann irgendwie mit dieser Scham vielleicht so behaftet zu sein. Es ist etwas niedrigschwelliger mal so Bildchen zu verschicken und zu sagen: „Hey, guck, so fühle ich mich.”, als sich da irgendwie erklären zu müssen.
Kirsten [00:13:45] Ganz genau.
Eva [00:13:45] Aber, was ich an dem Aspekt gerade so spannend finde, ist auch, dass die Strategien im Umgang mit der CED auch variieren, je nachdem wie hoch der Leidensdruck ist. Wenn du sagst, ich habe mal Phasen, da beschäftige ich mich gar nicht mehr so intensiv damit oder brauch es vielleicht auch nicht, weil es mir gut geht. Und dass dann aber deine Maßnahmen und deine Dinge, die du tust, sich wieder anpassen, wenn du sagst: „Okay, die Beschwerden werden wieder spürbarer, die Einschränkungen sind einfach wieder mehr da.” Dass du dann sagst: „Okay, dann mache ich aber auch wieder andere Dinge”, die dir vielleicht genau dann guttun. Finde ich super spannend. Neben den Ansätzen, die du gerade genannt hast, mit der Eigeninitiative, dann eben entsprechend einen Gastroenterologen suchen, das mit der Psychotherapie. Gibt es neben diesen Ansätzen Dinge, die dir im Umgang mit der Zeit helfen bzw. Dinge, die du fest in deinen Alltag integriert hast, die dich unterstützen?
Kirsten [00:20:30] Also was mir letztes Jahr in der Therapie tatsächlich noch aufgefallen ist: Es ist mir wie Schuppen von den Augen gefallen, dass Krankheitsakzeptanz nicht das gleiche ist wie ein gewisser Gewöhnungseffekt. Also ich lebe schon sehr lange mit der Erkrankung, einige Jahre, habe mich auch an vieles gewöhnt, vieles vermeintlich akzeptiert, musste dann aber doch feststellen, dass ich innerlich noch gegen sehr vieles ankämpfe, was mir gar nicht so bewusst war. Und ich glaube, allein daher ist es schon eine große Hilfe, sich Unterstützung zu suchen, damit man jemanden hat, mit dem man über das eben reden kann. Also dass man sich da eben Hilfe sucht bei kritischen Punkten, gegen die man im Alltag vielleicht immer noch ankämpft, unterbewusst. Was man vielleicht gar nicht so mitbekommt auf einer bewussten Ebene. Genau. Also an erster Stelle auf jeden Fall Unterstützung suchen, Freunde, Familienkreis. Ganz wichtig natürlich, aber auch diese professionelle Unterstützung.
Eva [00:21:31] Ja, und ich glaube auch, dass man sich den Druck dann nimmt und dass man es einfach auch zulässt und es einfach auch ein Prozess ist. Ich glaube auch, dass da auch mal zwischendurch ein gefühlter Rückschritt guttut, um nachher die Akzeptanz zu haben, die eine oder andere Sache irgendwie auch in seinen Alltag zu integrieren.
Kirsten [00:21:51] Hilfe zulassen können, ganz wichtig auf jeden Fall. Wir haben alle unsere schwachen Momente und es ist einfach wichtig da Unterstützung zu haben.
Eva [00:22:00] Super, vielen, vielen lieben Dank, Kirsten!
Kirsten [00:22:03] Gerne, sehr gerne. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Eva [00:22:06] Mir auch. Ja, ich hoffe, den Zuhörern hat es Spaß gemacht. Ihr konntet etwas für euch mitnehmen und fühlt euch vielleicht auch ermutigt, da offener mit eurer Erkrankung umzugehen und auch Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Vielen Dank.
Schön, dass ihr wieder mit dabei wart und zugehört habt. Habt ihr vielleicht Themen, Wünsche oder Anregungen für uns, für diesen Podcast? Dann schaut in die Podcast-Beschreibung. Dort findet ihr eine Info, wie ihr uns kontaktieren könnt. Oder schaut bei Facebook bei CEDlife vorbei!