Ich bin
Alter: 61
Tätigkeit: Über 30 Jahre als Medizinprodukteberater im Außendienst - nun Rentner
Das sollten andere wissen: Die Depression ist eine Krankheit, die tödlich enden kann, aber nicht enden muss.
Das wünsche ich mir von meinen Mitmenschen: Offenheit und dass ich ohne Scham darüber reden kann.
Das hat mir geholfen: Mir ist vor allem meine Psychiaterin, von der ich mich absolut verstanden fühle, eine große Unterstützung. Im Alltag bieten mir mein Mann und mein kleiner Dackel Halt. Um neue Kraft zu schöpfen, helfen mir kleine Urlaube an schönen Orten, wie z. B. Amrum.
Jürgens erste depressive Episode ereignete sich vor einigen Jahren nach der Trennung von seinem langjährigen Lebenspartner und dem zeitgleichen Tod seiner Mutter. Er stürzte in ein tiefes Loch, konnte weder essen noch schlafen und nahm 20 kg ab. Auch arbeiten ging kaum noch. Mitgeteilt hat er sich damals niemandem, denn zu groß war seine Angst vor der Reaktion seiner Mitmenschen.
„Ich befürchtete, für verrückt erklärt zu werden und vertraute mich nicht mal meinem Hausarzt an, den ich schon lange kannte. Ich hatte einfach Angst, mich zu „blamieren“. Also wandte ich mich an eine Bekannte, die auch Ärztin war. Sie gab mir ein Medikament gegen meinen hohen Blutdruck und etwas gegen mein Herzrasen. Besser wurden meine Probleme davon jedoch nicht.“
Als die Bekannte nicht mehr weiterwusste, schickte sie Jürgen zu einer Psychologin, die ihn sofort ins Krankenhaus einweisen lassen wollte. Jürgen wollte sich jedoch nicht in der Klinik behandeln lassen und suchte stattdessen eine niedergelassene Psychiaterin auf, bei der er seitdem in Behandlung ist. Damit es ihm besser ging, probierte Jürgen viele Möglichkeiten aus – verschiedene Antidepressiva, Ernährungsumstellung, Verzicht auf Alkohol. Es dauerte fast eineinhalb Jahre, bis es ihm nach dieser Episode wieder besser ging.
„Am meisten haben mir die Gespräche mit meiner Psychiaterin geholfen, zu der ich auch heute noch regelmäßig gehe. Bei ihr habe ich das Gefühl, verstanden zu werden. Das motiviert mich immer wieder, weiterzumachen und nicht aufzugeben.“
Plötzlich machten Jürgen ganz einfache Sachen wieder Freude. Er hörte wieder gern Radio am Morgen und freute sich auf die Dusche. Das war vorher lange nicht der Fall gewesen. Zu jeder Kleinigkeit musste er sich sonst lange überwinden. Er schöpfte neue Hoffnung und begann, wieder in seinem Job als Medizinprodukteberater zu arbeiten.“
„Dann starb mein Vater, mit dem ich über 25 Jahre Tür an Tür gewohnt habe. Der Verlust und die Trauer warfen mich erneut komplett aus der Bahn.“
Wieder quälten Jürgen Schlafprobleme. Er konnte das Haus über lange Zeit nicht verlassen und litt unter Angstzuständen. An arbeiten war nicht mehr zu denken. Auch dieses Mal fand er Unterstützung bei seiner Psychiaterin. In der Zwischenzeit wurde Jürgen wegen seiner Krankheit vorzeitig berentet. Obwohl er seinen Job sehr geliebt hat, ist Jürgen mit dieser Lösung nicht unzufrieden, denn das Rentnerdasein hilft ihm dabei, zur Ruhe zu kommen und weiter an seiner seelischen Gesundheit zu arbeiten. Heute geht es Jürgen deutlich besser. Er versucht, alles ruhiger anzugehen und die guten Momente bewusst zu genießen.
„Trotz meiner Krankheit schaue ich zuversichtlich in die Zukunft. Ich möchte andere Betroffene mit meiner Geschichte ermutigen, nicht aufzugeben und ihnen sagen, dass man trotz der Depression ein schönes Leben haben kann.“
„Für mich war die Diagnose Depression keine Nachricht, die mich völlig aus der Bahn geworfen hat. Ich fühlte eher Erleichterung, weil die Sache jetzt einen Namen hatte. Inzwischen kann ich gut mit der Erkrankung umgehen. Ich weiß, was mit mir los ist, aber auch, wie ich mich behandeln lassen kann und was ich selbst tun kann.“
„Ich sage ehrlich, wenn es mir nicht gut geht und dass ich Depressionen habe. Trotzdem möchte ich deshalb nicht anders behandelt werden. Ich glaube, wenn ich selbst offen mit dieser Erkrankung umgehe, habe ich mir nichts vorzuwerfen.“
„Ich bin in dem Glauben aufgewachsen, dass Depressionen keine Krankheit sind, sondern, dass diese Gefühle einfach ein Teil der Persönlichkeit sind und das so sein muss.“