Ich bin
Alter: 26
Beruf: Mediengestalterin
Das ist mir wichtig: Ich möchte dazu beitragen, dass Menschen mit Depressionen keine Angst mehr vor Stigmatisierung oder Ausgrenzung haben müssen und sich trauen (können), offen darüber zu reden.
Das wünsche ich mir von meinen Mitmenschen: Dass man mich akzeptiert, wie ich bin. Die Erkrankung macht mich nicht zu einem anderen Menschen.
Das hat mir geholfen: Selber offen mit der Erkrankung umzugehen, im engen Umfeld genauso wie im breiten Bekannten- oder Kollegenkreis. Und unbedingt Hilfe anzunehmen, denn eine Depression ist eine ernsthafte Erkrankung, die man alleine nicht stemmen kann.
Julia war in ihrer Kindheit mit traumatischen Erlebnissen und dem Verlust mehrerer wichtiger Bezugspersonen konfrontiert. In ihrer frühen Jugend traten die ersten psychischen Probleme auf. Julia kämpfte mit Suizidgedanken und versuchte mehrmals, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Erschwerend kam hinzu, dass sie als Kind und Jugendliche sehr unter Übergewicht litt. Sie konnte damals mit ihren Eltern sprechen, zu denen sie ein sehr gutes Verhältnis hat, und eine Therapie bei einer Kinder- und Jugendpsychologin beginnen.
„Als ich 15 war und ich meinen Mann kennenlernte, ging es für mich endlich aufwärts. Wir sind seit über 10 Jahren ein Paar und er stärkt mir bis zum heutigen Tag den Rücken. In der Schule hatte ich gute Noten, ich schloss das Abitur ab und absolvierte eine Ausbildung. Nach außen hatte ich ein gutes Leben. Und doch war die Depression immer da.“
Ende 2018 schlug die Depression erneut heftig zu. Auslöser war ein nicht selbst verschuldeter Autounfall. Die Depressionen und ihre Zwangsstörung verstärkten sich, hinzu kamen eine Angststörung und auch Anorexie. Auch die Pandemie und einige daraus resultierende Konsequenzen setzten Julia stark zu. So konnte die standesamtliche Hochzeit mit ihrem Mann 2020 zwar unter Auflagen stattfinden, die freie Trauung fiel jedoch ins Wasser und der größte Traum der beiden platzte. Julia selbst beschreibt es als ihren endgültigen Absturz in die Erkrankungen. Ihr körperlicher und seelischer Gesundheitszustand verschlechterten sich zusehends, bis sie sich erneut in ambulante medizinische und psychotherapeutische Behandlung begab. Aktuell ist sie auf der Suche nach einem passenden Platz in einer Tagesklinik.
„Auch wenn es mir derzeit nicht gut geht, weiß ich mein Leben sehr zu schätzen und setze große Hoffnungen in die Therapie. Meine Familie steht hundertprozentig hinter mir, an erster Stelle mein Mann, meine Eltern, aber auch ein paar enge Freunde. Das hilft mir sehr.“
Dennoch stellt Julia fest, dass nicht alle offen mit dem Thema umgehen können und mit Ablehnung reagieren. Sie kann zwar durchaus nachvollziehen, dass es für Nicht-Betroffene schwer zu verstehen ist, wie es sich anfühlt, an einer Depression erkrankt zu sein, dennoch wünscht sie sich von der Gesellschaft mehr Akzeptanz, Offenheit und Toleranz. Um dies zu erreichen, sei noch viel Aufklärung in der Gesellschaft notwendig, damit Betroffene wegen ihrer Krankheit nicht mehr abgestempelt oder belächelt werden. Menschen mit Depressionen seien weder verrückt noch faul oder irgendwie komisch. Sie haben eine ernste Erkrankung, die aber behandelbar ist. Für mehr Aufklärung und Sichtbarkeit engagiert sich Julia z. B. auch auf Instagram. Mit ihren persönlichen Erfahrungen möchte sie andere Betroffene dazu ermutigen, über sich zu sprechen, zu erkennen, dass sie Hilfe brauchen und diese auch anzunehmen. Vor allem aber möchte sie das Thema psychische Erkrankungen aus der Tabuzone holen und es normalisieren.
„Die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen führt dazu, dass Betroffene Angst haben, offen über ihre Depression zu sprechen. Dies ist aber ganz entscheidend, um Hilfe zu bekommen. Ich wünsche mir, dass die Erkrankung akzeptiert wird und die Aufmerksamkeit in der Gesellschaft bekommt, die sie verdient, sodass man irgendwann darüber sprechen kann wie über einen Schnupfen.“
„Als Kind fühlte ich mich oft einsam und allein. In meiner Familie wurde nicht über Probleme gesprochen. Zu Hause lebte jeder in seiner eigenen Welt. Auch in der Schule fand ich schwer Anschluss und empfand mich oft fehl am Platz. “
"Kurz nach der Geburt meines Sohnes kam bei mir zum ersten Mal der Verdacht auf, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte. In dem Trubel um die Geburt ist das damals jedoch niemandem aufgefallen. Unternommen habe ich zunächst noch nichts. Richtig hellhörig wurde ich erst ein paar Jahre später, als ich – wieder berufstätig und mit kleinem Kind – das Gefühl hatte, direkt auf ein Burnout zuzusteuern."
„Für mich war die Diagnose Depression keine Nachricht, die mich völlig aus der Bahn geworfen hat. Ich fühlte eher Erleichterung, weil die Sache jetzt einen Namen hatte. Inzwischen kann ich gut mit der Erkrankung umgehen. Ich weiß, was mit mir los ist, aber auch, wie ich mich behandeln lassen kann und was ich selbst tun kann.“