Ich bin
Alter: 37
Berufliche Tätigkeit: Filialleiter im KFZ-Großhandel
Das hat mir geholfen: Eigenakzeptanz und die eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu respektieren. Außerdem psychische Entspanntheit und Gelassenheit zu trainieren.
Mein Motto: Ich bin gut so, wie ich bin.
Das möchte ich anderen mit auf den Weg geben: Nie aufzugeben und immer zu sich selbst zu stehen. Keine Angst vor Ablehnung zu haben, auch wenn es schwer ist.
Mit 19 schlug die Depression bei Mathias das erste Mal zu. Bis dahin hatte er immer funktioniert. Als er dann für ein halbes Jahr arbeitslos wurde, hatte er plötzlich viel Zeit und fing an zu grübeln. Unverarbeitete Ereignisse aus seiner Kindheit kamen hoch und er befand sich in permanenten Gedankenkreisen. In dieser Phase trank er viel Alkohol und entwickelte zusätzlich ein ungünstiges Kaufverhalten. Seine damalige Freundin war es, die ihm sagte, er solle sich Hilfe holen. Sein Hausarzt empfahl ihm eine Gesprächs- und Verhaltenstherapie, die ihm zwar akut aus der Krise half, aber seine Probleme nicht langfristig lösen konnte. Auch als er mit 27 seine Frau kennenlernte, heiratete und drei Jahre später eine Tochter bekam, blieben Alkohol und Depressionen weiterhin seine ständigen Begleiter. Bis er vor 7 Jahren die Notbremse zog.
„Kurz vor Weihnachten konnte ich nicht mehr. Ich wusste, es gibt keine andere Option mehr, als mir jetzt sofort Hilfe zu suchen. Entweder würde ich mich totsaufen oder meine Frau und Tochter verlieren.“
Mathias erkannte seine ernste Lage und wollte sich an diesem Tag selbst in eine Klinik einweisen. Da er aber nicht als akut suizidgefährdet galt, wurde er nicht als Notfall in der Klinik aufgenommen. Trotzdem ließ sich Mathias nicht entmutigen. Am darauffolgenden Montag ging er zu seinem Hausarzt, ließ sich krankschreiben und suchte sich einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, der ihn weiter behandelte.
„Bis dahin habe ich die Einnahme von Medikamenten immer verweigert. Aber ich war schon zu lange in einem großen, schwarzen Loch. Da habe ich mich auf Antidepressiva einstellen lassen und bin immer noch froh, diesen Schritt gegangen zu sein.“
Neben der medikamentösen Behandlung nahm Mathias auch psychotherapeutische Therapien in Anspruch. Heute geht es ihm gut. Seinen Arzt konsultiert er regelmäßig alle drei Monate, um die Medikamentengabe zu überwachen und gegebenenfalls anpassen zu lassen. Den Alkoholkonsum konnte er auf ein normales Maß reduzieren. Mittlerweile kann sich Mathias so gut einschätzen, dass er sofort bemerkt, wenn er in eine depressive Episode zu rutschen droht und kommuniziert diese dann offen in seinem Arbeits- und Familienumfeld, damit er mit deren Hilfe gegensteuern kann. In seinem beruflichen Umfeld hatte sich Mathias vor vier Jahren „geoutet“. Seine Kolleginnen und Kollegen hatten großes Verständnis für ihn und seine Situation. Von ihnen erfährt er seitdem sehr viel Unterstützung und Rückhalt. Während seiner depressiven Phasen, die ungefähr zwei- bis dreimal im Jahr auftreten und ein bis zwei Wochen anhalten können, entlasten sie ihn, indem sie versuchen, möglichst viel Stress von ihm fernzuhalten.
„Ich freue mich sehr, dass ich Teil der Initiative sein darf. Ich finde es großartig, dass ich die Möglichkeit habe, anderen Leuten mit meiner persönlichen Geschichte dabei helfen zu können, die Hemmschwelle zu überwinden, um sich Hilfe und Unterstützung zu suchen.“
Als junger Mann fiel es Mathias noch schwer, über seine Probleme zusprechen. Die Angst, dass sich Menschen von ihm abwenden könnten, war groß. Immer hatte er das Gefühl, auf jeder Party dabei sein und alles für seine Arbeit geben zu müssen. Inzwischen hat er gelernt, sich Ruhepausen zu gönnen und auch mal „Nein“ zusagen. Er beschäftigt sich auch wieder mehr mit seinen Hobbys. So spielt er mit Freunden regelmäßig Dart und hat das Schmieden für sich entdeckt, eine Leidenschaft, bei der er seine Kreativität, aber auch seinen körperlichen Bewegungsdrang ausleben kann. Außerdem räumt er sich heute genügend Zeit für die wichtigen Dinge in seinem Leben ein: Seine Frau und seine Tochter.
„Ich bin schon früh, kurz nach Beendigung meiner Ausbildung zur Bürokauffrau mit 20 Jahren, Mutter geworden. Schon damals fühlte ich mich oft nicht gut, habe das aber nicht weiter hinterfragt. Ich dachte immer, man muss stark sein und durchhalten, was immer auch passiert. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass eine Krankheit dahinterstecken könnte.“
„Im Teenageralter hatte ich oft Phasen, in denen es mir schlecht ging. Ich habe das aber selbst nie ernst genommen. Auch mein Umfeld – meine Eltern oder meine Freunde – haben nicht hinterfragt, warum ich oft so „schlecht drauf war“. Aber ich hatte natürlich selbst keine Ahnung, was mit mir los war.“
"Kurz nach der Geburt meines Sohnes kam bei mir zum ersten Mal der Verdacht auf, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte. In dem Trubel um die Geburt ist das damals jedoch niemandem aufgefallen. Unternommen habe ich zunächst noch nichts. Richtig hellhörig wurde ich erst ein paar Jahre später, als ich – wieder berufstätig und mit kleinem Kind – das Gefühl hatte, direkt auf ein Burnout zuzusteuern."